Vorgetäuschte Prüfungen im AKW Philippsburg: Untersteller fordert „wirksame Vorkehrungen“

Stuttgart/Philippsburg/Karlsruhe (pm/amf) Baden-Württembergs Umwelt- und Energieminister Franz Untersteller verlangt von der EnBW, die Analyse der Vorfälle um die vorgetäuschten Kontrollen im Atomkraftwerk Philippsburg „weiter mit Nachdruck voranzutreiben“. Das teilte das Umweltministerium am Mittwochabend mit. Untersteller nahm am Mittwoch als Gast der Informationskommission zum Kernkraftwerk Philippsburg teil. Neben den Vorkommnissen im AKW Philippsburg war auch die Entsorgung von Atommüll Thema des Informationsabends.

„Die EnBW als Betreiberin und das Umweltministerium als Atomaufsicht sind sich vollkommen einig darin, dass vorgetäuschte Sicherheitsprüfungen inakzeptabel sind und dass wirksame Vorkehrungen getroffen werden müssen. Es darf zu solchen Täuschungen künftig nicht mehr kommen“, sagte Untersteller am Mittwoch. Das Umweltministerium hat als Reaktion auf die vorgetäuschten Kontrollen das Kernkraftwerk Philippsburg (KKP) 2 vorerst vom Netz genommen. Erst wenn die EnBW „geeignete Maßnahmen“ in die Wege leitet, die eine Wiederholung der Täuschungen ausschließen, dürfe der Reaktor wieder in Betrieb gehen. Untersteller betonte, dass es künftig auch darauf ankomme, dass das so genannte Vier-Augen-Prinzip bei Prüfungen eingehalten werde. „Weder ein Prüfer allein noch immer dasselbe Team an Prüfern dürfen verantwortlich sein. Innerhalb des Teams muss es eine wirksame Selbstkontrolle geben, das ist die Voraussetzung“, sagte der Umweltminister.

Insgesamt ist es im AKW Philippsburg nach bisherigen Erkenntnissen zu neun vorgetäuschten Prüfungen und 15 zusätzlichen Fällen mit nicht korrekt datierten Prüfprotokollen gekommen. Obwohl es keine Hinweise auf ähnliche Verstöße gibt, hat die EnBW in Absprache mit der Atomaufsicht auch Untersuchungen im Kernkraftwerk in Neckarwestheim und im stillgelegten Reaktor in Obrigheim eingeleitet. Bislang wurden dort aber keine Täuschungen entdeckt. Auch die Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe Rückbau- und Entsorgungs GmbH (WAK) hat eine Untersuchung der letzten Sicherheitsüberprüfungen veranlasst.

Was die Entsorgung und Lagerung von radioaktivem Abfall betrifft, lobte Untersteller die Arbeit der „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“. Die Kommission schlägt vor, als Vorhabenträger und Betreiber für das Endlager eine Bundes-Gesellschaft für kerntechnische Entsorgung zu gründen. Diese Bundes-Gesellschaft solle privatwirtschaftlich organisiert und zu 100 Prozent in öffentlicher Hand sein. Als Regulierungsbehörde fungiere dann das 2014 gegründete Bundesamt für Entsorgung (BfE). Einig seien sich die Kommissionsmitglieder auch darin, dass die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Suche nach einem Endlager „einen sehr hohen Stellenwert bekommen müsse“. „Die Beteiligung der Öffentlichkeit soll dabei keinesfalls nur punktuell in den einzelnen Phasen der Suche stattfinden, sondern einen kontinuierlichen Prozess darstellen. Bürgerinnen und Bürger müssen lokal die Möglichkeit haben, sich bei der Standortsuche einzubringen“, sagte Baden-Württembergs Umweltminister.

Bis zur Inbetriebnahme eines Endlagers werde es allerdings noch „ein paar Jahrzehnte“ dauern. Unter „günstigsten Voraussetzungen“ sei frühestens das Jahr 2050 möglich. Damit stelle sich die Frage der Zwischenlagerung des Atommülls neu. „Das Zwischenlager in Philippsburg ist nur bis 2047 genehmigt. Das bedeutet, dass die längere Lagerung beantragt und genehmigt werden müsste, oder dass der hier gelagerte radioaktive Abfall woanders hin transportiert wird; zum Beispiel in ein zentrales Eingangslager an dem Ort, an dem das Endlager entstehen soll. In beiden Fällen jedoch wird der Abfall mindestens bis 2047 hier in Philippsburg bleiben“, sagte Untersteller.