Karlsruhe. Der Fleischverzicht nimmt in der Ernährung junger Generationen einen überraschend hohen Stellenwert ein. Ohnehin geht der Trend zu Grün: Biologische, nachhaltige Produkte sind auf dem Vormarsch.
In Berlin reiht sich mittlerweile ein Bio-Laden an den nächsten, und Restaurants, die auf vegetarische Lebensweise spezialisiert sind, finden großen Zulauf. Veganer gehen sogar noch einen Schritt weiter und verbannen alle Produkte, die in irgendeiner Weise von einem Tier stammen, aus ihrem Leben. Und auch Karlsruhe geht mit der Zeit: Die lokalen Angebote für fleischlosen Verzehr werden immer zahlreicher.
Fleischkonsum nimmt ab
„Zu einem guten deutschen Essen gehört nun mal Fleisch“ oder „Einmal die Woche Fleisch muss schon sein“ – so oder ähnlich lautet immer noch die Devise vieler Menschen. Doch der Trend zeigt klar: Jüngere Generationen hinterfragen das Ernährungssystem zusehends und appellieren an die Moral und den Tierschutz.
Eine Statistik des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zeigt: Seit 2011 sank der Pro-Kopf-Verbrauch von Fleisch in Deutschland von 90 auf 88,2 Kilogramm im Jahre 2013. Zudem steigt der Konsum von Fleischersatzprodukten: Laut der Verbrauchs- und Medienanalyse 2014 aßen im vergangenen Jahr etwa 0,91 Millionen Deutsche mehrmals die Woche Ersatzprodukte, 2010 waren es gerade einmal 0,63 Millionen.
Warum der Verzicht?
Die Gründe hierfür sind unterschiedlicher Natur: Den einen sind Fleischprodukte schlichtweg zu teuer, die anderen meinen, zu viel Fleisch sei ungesund, wieder anderen schmeckt Fleisch einfach nicht. Das sind ganz pragmatische Gründe, doch vornehmlich ist es eine moralische Sache: Da fallen Schlagwörter wie Massentierhaltung, Tierschutz, nicht artgerechte Haltung, ethische Verantwortung, Treibhauseffekt.
Diese Gründe sind absolut nachvollziehbar, weshalb viele, die sich nicht vollends vom Fleisch lossagen können, dazu übergehen. Fleischersatzprodukte oder wenigstens Bio-Fleisch zu kaufen – oder sie verzichten weitestgehend auf Fleisch, sogenannte Flexitarier. So mannigfaltig wie die Motivationen hinter dem Fleischverzicht sind, so vielseitig und kurios ist bisweilen die Debatte über selbigen. Die einen sagen, Vegetariern und Veganern fehlten wichtige Nährstoffe, die anderen argumentieren, der Mensch sei von Natur aus nicht unbedingt ein Fleischfresser. Für beide Seiten gibt es Argumente, für beide Seiten lassen sich wissenschaftliche Abhandlungen zitieren – was richtig ist, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden.
Was kann man überhaupt noch essen?
Neben der Debatte über den Sinn oder Unsinn dieser Lebensweise bekommen viele Fleischverzichter die Frage nach dem gestellt, was sie denn überhaupt noch essen würden. Platte Fragen wie „Aber Hühnchen isst Du doch noch, oder?“ gehören manchmal dazu. Und nein, auch Hühnerfleisch ist Fleisch und damit tabu. Die Frage nach dem Fischkonsum hingegen ist zu verschmerzen, gibt es doch auch die Gruppe der Pescetarier: Vegetarier, die zwar auf Fleisch, aber eben nicht auf Fisch verzichten.
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Manch einer fragt sich, warum Vegetarier und Veganer überhaupt Fleischersatzprodukte verzehren, wenn sie doch kein Fleisch mögen. Ganz einfach: Es geht nicht immer darum, dass sie kein Fleisch mögen, sondern ums Prinzip, aus ethischen Gründen kein Fleisch zu essen – den Geschmack kann man ja dennoch mögen. Die Ersatzprodukte bestehen zumeist aus Tofu oder pflanzlichen Eiweißen – so lassen sich beispielsweise vollkommen fleischlose Mortadella oder Bratwurst herstellen. Neben Fleischersatzprodukten wird auch zunehmend biologisch angebautes Obst und Gemüse verzehrt. Ein neuer Trend gesunder und bewusster Ernährung sind außerdem grüne Smoothies, bei denen Gemüse, Spinat oder Salat püriert wird und die einfach nachzumachen sind; online finden sich viele Rezepte.
Vegan in Karlsruhe
Für die etwa neun Prozent Vegetarier und Veganer, die es in Deutschland laut einer Erhebung der European Vegetarian and Animal News Alliance gibt, existieren vielerlei Möglichkeiten, den fleischlosen Weg zu gehen. Berlin macht es vor: Hier eröffnete 2011 der vegane Supermarkt „Veganz“ – mittlerweile umfasst die Kette acht Ladengeschäfte und will weiter expandieren, und zwar europaweit.
Doch auch Karlsruhe bietet seinen Bürgern dahingehend immer mehr Möglichkeiten: Die Gruppe „Karlsruhe vegan“ verzeichnet bereits großen Zulauf und organisiert Infostände, Vorträge, schnell ausgebuchte vegane Brunches und Stammtische zum Thema, um alle Veganer und Interessierte zu informieren. Neben den eigenen Vorträgen gibt es auch Infos zu VHS-Kursen über vegane Ernährungsweise.
Und auch anderswo tut sich etwas: Der Tierschutzverein PETA zeichnete unlängst die Karlsruher Mensa am Adenauerring mit einem Stern für ihre Vegan-Freundlichkeit aus. Bereits seit 2010 steht an nahezu jedem Tag ein veganes Gericht auf dem Speiseplan, außerdem stehen verschieden Beilagen undSlatbüffets zur Verfügung. Damit zeigt die Universität, dass sie den Zeitgeist erkannt hat und bemüht ist, auf individuelle Bedürfnisse ihrer Studenten einzugehen. Ab 2015 soll außerdem die Kampagne “Jeden Tag ein veganes Gericht in deiner Mensa” eingeführt werden.