Sind Handwerksbäckereien vom Aussterben bedroht?

Region (cm) Der Duft von frisch gebackenem Brot durchströmt die Straße. Die Bäckereifachfrau weiß bereits, dass ihr Stammkunde sein Brot etwas dunkler mag und hat darum bereits einen knusprigen Laib für ihn beiseitegelegt – solch einen Service gibt es nicht an der Backtheke im Discounter. Trotzdem haben es die handwerklichen Betriebe immer schwerer. In Zeiten des Mottos „Geiz ist geil“ schauen viele Kunden eher auf den Preis statt auf Regionalität und Qualität. Die Folge: Immer mehr Bäckereibetriebe müssen schließen.

Der große Konkurrenzdruck hat deutliche Auswirkungen: Während es vor 60 Jahren noch rund 55.000 Bäckereien gab, sank ihre Zahl laut dem EHI Retail Institute im Jahr 2015 rapide auf circa 12.000. Denn die Discounter locken ihre Kundschaft mit Niedrigpreisen an ihre Backstationen. Die Preisunterschiede zwischen Discounter-Brot und Brot aus einer Handwerksbäckerei erklären sich ganz einfach. Die Supermärkte und Backshops backen eigentlich gar nicht mehr selbst, sondern bekommen vom Brötchen bis zum Plunder alles in großen Mengen angeliefert und müssen die Backwaren lediglich noch aufbacken. Traditionell arbeitende Bäckereien backen ihre Brötchen hingegen frisch vor Ort. Dafür investieren sie in hochwertiges Equipment, wie zum Beispiel Rührmaschinen mit solchen und ähnlichen Getriebemotoren. Darin arbeiten oft Drehstrommotoren, die gute Qualität und hohe Betriebssicherheit gewährleisten, wie hier erklärt wird. Aber solche modernen Maschinen und Geräte haben eben auch ihren Preis, und der muss vom einzelnen Bäckermeister allein gestemmt werden. Und genau das wird immer schwerer möglich.

Dabei lohnt sich der Erhalt solcher Betriebe nicht nur des Geschmacks oder der Nostalgie wegen. Sie bieten jungen Menschen auch die Möglichkeit, ein Praktikum oder eine Ausbildung zu absolvieren und so das Handwerk näher kennenzulernen, was in den Backshop-Filialen und Discountern kaum machbar ist. Durch technisch notwendige Modernisierungen sowie die hohen laufenden Kosten ist es aber leider Realität, dass viele Handwerksbäckereien nicht mehr rentabel arbeiten können.

Auch der Mindestlohn macht den Kleinen zu schaffen
Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn, dieser liegt derzeit bei 8,84 Euro. Was gut für viele Arbeitnehmer ist, bereitet dem Bäckerhandwerk Sorgen. Seit der Einführung des Mindestlohns mussten viele Bäckereien ihre Preise bereits erhöhen, doch die Konkurrenz der Backshops verhindert, dass sie die gestiegenen Arbeitskosten vollständig bei der Preiskalkulation berücksichtigen können – sie sind einfach irgendwann zu teuer für die Kunden. Bleibt den kleinen Bäckern nur, ihre Kundschaft mit Frische und Qualität zu überzeugen. So bleibt im Sinne eines individuellen Geschmacks nur zu hoffen, dass doch noch einige Menschen frisch und mit Liebe Gebackenes zu schätzen wissen und es dem Einheitsgebäck aus der Supermarkt-Theke vorziehen. Laut Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks e.V. gibt es sogar ein klein wenig Hoffnung. Zwar sinkt die Zahl der Betriebe weiterhin, doch immerhin ist der Jahresumsatz gestiegen: von 12,9 Milliarden Euro 2009 auf fast 14 Milliarden Euro im Jahr 2015.

 

 


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