Karlsruhe (cm) Täglich sind Menschen mit Ängsten konfrontiert, denen sie sich kaum gewachsen fühlen. Über zehn Millionen Deutsche leiden unter vielzähligen Phobien, so dass sie kaum arbeiten oder alltägliche Tätigkeiten erledigen können. Während über die Volkskrankheiten Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Infektionskrankheiten und Diabetes sehr häufig berichtet wird, bleiben einige psychische Erkrankungen noch im Hintergrund.
Seit Ende 2014 läuft die 20-jährige, groß angelegte Studie über Krebs, Diabetes und Demenz, an denen 200.000 Deutsche zwischen 20 bis 69 Jahren teilnehmen, wie dem Bericht der Träger Nationale Kohorte zu entnehmen ist. Dabei stehen vor allem Präventionsstrategien und Hilfsmittel zur Früherkennung im Vordergrund, doch neben der Demenz sind psychische Krankheiten nicht vertreten.
Bei den Phobien ist vor allem die Angst vor Spinnen weit verbreitet, aber auch spezifische Phobien wie vor Ärzten, Spritzen oder bestimmten Situationen, wie das Max-Planck-Institut für Psychiatrie erforscht.
Symptome und Ausprägung der Dentalphobie – kein seltenes Problem
Dentalphobie ist dabei eine der häufigsten Phobien, die sich meist über mehrere Jahre hinweg entwickeln kann. Die Phobie beschreibt die Angst gegenüber allem, was mit Zähnen zu tun hat, von der Behandlung bis zum Anblick der eigenen Zähne. Dabei gibt es Abstufungen, denn nicht jeder, der Angst vor dem Zahnarzt hat, besitzt gleich eine ausgeprägte Phobie. Viele Deutsche geben an, dass sie leichte Angst vor dem Zahnarztbesuch haben und beispielsweise Termine gerne verschieben oder hinaus zögern. Doch ein großer Teil der Angstpatienten zeigt regelrecht eine körperliche Ablehnung gegen den Besuch des Arztes, durch vermehrtes Schwitzen, Zittern, Herzrasen oder sogar Schwindelgefühle.
Die jahrelange Verweigerungshaltung führt dazu, dass sich Karies und Parodontitis ausbreiten können und im schlechtesten Fall die Zähne absterben. Oft sind große Schmerzen damit verbunden, welche die Betroffenen aushalten oder betäuben, ohne die Ursachen bekämpfen zu lassen. Die Gründe für die Phobien liegen meist in der Kindheit, bei traumatischen Erlebnissen in der Vergangenheit und sogar Unfälle oder Gewalterfahrungen spielen eine Rolle. Bei Phobien ist eine große Anzahl an Faktoren relevant, die selten sofort zu erkennen sind.
Angst ist ein natürlicher Instinkt, der den Menschen vor Gefahren bewahren soll und den Körper für die Flucht oder den Angriff vorbereitet. Das Hirn sendet bei Gefahr und äußeren Reizen Botenstoffe aus, die beispielsweise für eine bessere Sicht die Augen aufreißen lassen oder die Atmung beschleunigen, um mehr Sauerstoff zu erhalten. Dieser Artikel beschreibt, welche Faktoren für Angst und Angstzustände sorgen und wie ein Leben ohne Angst gefährlich sein kann.
Doch bei der Angst vor dem Zahnarzt besteht im Prinzip keine Gefahrensituation, auch wenn die Angst vor möglichen Schmerzen begründet sein kann. Allein die Diskussion über den Zahnarzt kann bei einigen Personen schon ausreichen, sich gegen den Besuch zu entscheiden, vor allem nach übertriebenen Horrordarstellungen von Freunden oder Verwandten. Doch vor allem Patienten mit traumatischen Erlebnissen sind anfälliger für eine Phobie, denn wer bereits einmal in einer Gewaltsituation jemandem ausgeliefert war, fühlt sich bei einem Zahnarzt womöglich an die Situation erinnert, aus der die Person sich nicht befreien konnte.
Neue Therapien und Behandlungsmöglichkeiten
Die größte Hürde für viele Betroffene ist das Eingeständnis, unter einer Phobie zu leiden, denn selbst bei großen Schmerzen oder Schäden an Gebiss und Zähnen gehen die meisten Patienten nicht zum Arzt. Allerdings sind mittlerweile viele alternative Therapien bekannt und viele Ärzte sind auf Angstpatienten spezialisiert. Einer der neusten Ansätze ist die Hypnosetherapie.
Wie genau Hypnose funktioniert, ist noch nicht zu 100 Prozent erforscht, doch mittlerweile ist klar, dass hypnotisierte Personen nicht geistesabwesend sind oder im Geist wandern, sondern die innere Welt sehr intensiv erleben. Spektrum.de berichtet über die neurobiologischen Grundlagen der Hypnose und zieht einen Vergleich zu den Effekten der Placebos.
Bei der Dentalphobie wird die Hypnose vor allem eingesetzt, wenn Patienten Angst vor den Geräuschen haben oder die Gerüche der Praxis Auslöser für die Angst sind. Meist werden Entspannungs-CDs eingesetzt und in mehreren Sitzungen vor dem Arztbesuch erste Hypnosezustände eingeleitet. In diesem Ratgeber werden weitere Effekte und Abläufe der Therapie erläutert. Es wird zudem darauf hingewiesen, dass Hypnose von den meisten Krankenkassen nicht übernommen wird.
Akupunktur ist eine weitere Methode, die als Alternative herangezogen werden kann, wenn herkömmliche Mittel versagen. Bei Phobien geht es häufig darum, den Patienten bewusst zu entspannen und ihm Anleitung zur Beruhigung zu geben, die er selbst kontrollieren kann. Akupunktur kommt aus der traditionellen chinesischen Medizin. Die Nadeln sollen das Qi, die Lebensenergie, in die richtige Bahn lenken und werden auf 400 Punkte der so genannten Meridiane eingesetzt.
Patienten mit Angststörungen können mit Hilfe der Akupunktur entspannt werden. Beispielsweise helfen entsprechende Akupunkturpunkte dabei, einen übermäßigen Würgereiz zu verhindern. Die Akupunktur wird also in den Praxisablauf integriert, so dass der Patient sich sicherer und geschützter fühlen kann. Die Nadeln können dadurch Ängste lindern, in dem bestimmte Punkte des vegetativen Nervensystems angeregt werden und die Patienten sich nach mehreren Behandlungen entspannter fühlen und weniger Auslöser für ihre Ängste besitzen.
Die kognitive Verhaltenstherapie wird bereits seit einigen Jahren eingesetzt. Dabei gibt es eine Angsthierarchie, mit welcher Patient und Therapeut die Situation Schritt für Schritt durchgehen und die zu bewältigenden Abläufe nach und nach wiederholen, wie das Anrufen in der Praxis bis zur Vereinbarung des Termins und dem Gang zum Arzt. Jede Stufe wird so oft wiederholt, bis das Angstgefühl nachlässt. Der Therapeut muss sich auf den Patienten gut einstellen können, denn Timing und Wiederholung sind wichtig für den Erfolg der Behandlung. Dabei gibt es bereits erste Erfolge wenn sich die Betroffenen ein Video einer Zahnarztbehandlung ansehen und sich anschließend vorstellen selbst zum Arzt zu gehen.
Übrigens erläutern Zahnärzte regelmäßig beim Tag der Zahngesundheit, dass eine gesunde Ernährung ebenso wichtig ist, wie die regelmäßige Pflege durch das Zähneputzen und der Besuch beim Arzt.