Karlsruhe (pm/yb) Verheißungsvoller und stimmungsgeladener Auftakt zum Karlsruher Stadtgeburtstag mit 40.000 Besuchern vor dem Schloss – Der Star dabei ist die Stadt und seine Menschen.
Strahlende Gesichter, anerkennendes Kopfnicken, fröhliche Menschen und jede Menge Applaus, so lässt sich am besten die Gemütslage der 40.000 Besucher der großen Eröffnungsshow zum Karlsruher Stadtgeburtstag am gestrigen Samstag beschreiben. Wie bei der Stadtgründung vor 300 Jahren stand das Schloss im Mittelpunkt. Die Fassade – die wohl größte, aber auf jeden Fall schönste Leinwand der Welt an diesem Abend. Darauf zu sehen – extravagante Lichtspiele, prägnante Ereignisse der Stadtgeschichte und bedeutende Persönlichkeiten aus Karlsruhe. Auf der Bühne davor die über 400 Darsteller, die sich mal klassisch, mal modern mit Tanz, Gesang, Ballett, Artistik auf die künstlerische Reise durch die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Karlsruhe begaben. Oder um es in den Worten von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann auszudrücken: „Von Karlsruhe ist schon immer viel Neues und Revolutionäres ausgegangen.“
Immer wieder sei von hier aus das Gesicht der Republik verändert worden, so der Landesvater in seiner Eröffnungsrede. „Karlsruhe hat immer das letzte Wort“, sagte er auf Anspielung der in der Fächerstadt beheimateten beiden höchsten deutschen Gerichte. Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Recht, überall setzte und setze die „Perle von Baden-Württemberg“ Maßstäbe. Das erste Parlamentsgebäude auf deutschem Boden, Residenz des Rechts, die Hälfte aller deutschen Webseiten, die hier verwaltet werden, die Aufnahme von Flüchtlingen – das sind nur einige der vom Ministerpräsidenten aufgezählten Leistungen und Verdienste. „Der Freiheitsgeist und die Weltoffenheit, das ist der Esprit von Karlsruhe“, betonte Winfried Kretschmann.
Ebene jene Charaktereigenschaften nannte auch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup als wesentliche Erfolgsfaktoren. Er bezeichnete Karlsruhe als „Stadt der Freiräume“ und fügte hinzu: „Immer wenn wir dies beherzigten, ging es uns gut.“ Die Leute kommen hierher, weil sie hier ihre Ideen und Vorstellungen leben und umsetzen können. Das sei vor 300 Jahren so gewesen, das sei heute so: „Und diese Offenheit und Internationalität müssen wir auch die nächsten 25, 50, 75 und 100 Jahre bewahren.“ Diese Rechte und Freiheiten seien hart erkämpft worden und keine Selbstverständlichkeit. „Wir sind echte Glückskinder, dass wir heute so eine berauschende Show in Frieden, Freiheit, Wohlstand und Demokratie feiern können“, betonte er. Eben das komme beim Stadtgeburtstag zum Ausdruck: „Der Star, das ist die Stadt und seine Menschen.“
Den Weg dahin, den bereitete der Privilegienbrief des Stadtgründers Markgraf Karl-Wilhelm vor. Die darin verbrieften Rechte erscheinen in übergroßen Buchstaben auf der Schlossfassade, verweilen dort kurz und werden abgelöst von der Verfassungsurkunde für das Großherzogtum Baden. Und vorne auf der Bühne demonstriert das Ballett-Ensemble ausdrucksstark, welch großer Kampf nötig war, um diese Freiheiten für alle Bürger zu erstreiten und dass dieser Kampf nie endet. Es bedurfte solcher mutiger Frauenrechtlerinnen wie Grete Vogt oder Hanne Landgraf, die vehement das Wahlrecht, Bildung und Gleichberechtigung für ihre Geschlechtsgenossinnen einforderten. Zu deren Ehren und deren Erinnerung erleuchtet ihr Konterfei den Nachthimmel, begleitet von einem Feuerwerk, das dem Schloss sozusagen die Krone aufsetzt. Dank dieser Rechte und Freiheiten konnte Neues, Innovatives entstehen. Karl Drais und Carl Benz nie dagewesene Fortbewegungsmittel erfinden oder Heinrich Hertz die Grundlagen für die Telegrafie und das Radio legen. Grüne, sich über die ganze Schlossfassade ziehende Sinuskurven als Symbol des Wissenschaftsgeistes erinnern dann. Dann laufen in schneller Abfolge Nullen und Einser über die 180 Meter breite Leinwand, eine Hommage an Karlsruhe als Internet-Hauptstadt. Und die grandiose Multi-Media-Show endet im Hier und Jetzt mit einer Weltpremiere. Der bekannte Rapper Bdad hat sich ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk ausgedacht und einen Song als Liebeserklärung an seine Heimatstadt geschrieben: „Das ist meine Stadt.“ Und alle tanzen mit und feiern mit.
Mit einer Weltpremiere hatte die viertägige Eröffnung auch am vergangenen Mittwoch begonnen. Das Badische Konservatorium spielte am Pavillon, dem im Schlossgarten gelegenen „Herzstück“ des Festivalsommers, erstmals das von Urmas Sisasks komponierte „Sternstunden – Karlsruhe 300“. Rap und Klassik, auch das ein Zeichen für die Offenheit von Karlsruhe und Beleg für die Vielfalt des Lebens in der Stadt. 32 Persönlichkeiten der Stadt wurde dann ein Tag später gedacht. 20 Schüler aus neun Ländern und doch einer Karlsruher Klasse beschäftigten sich beispielsweise mit Reinhold Frank, dem von den Nationalsozialisten hingerichteten Widerstandskämpfer und schlugen so eine Brücke zu den heutigen Herausforderungen. Und am Abend dann erhellten 32 Scheinwerfer den Himmel, jeder einzelne davon stand für eine dieser großen Köpfe der Stadt.
Lichtspiele gibt es ab sofort jeden Abend bis zum Endes des Festivalsommers am 27. September. Nach der Show ist vor der Show. Gleich nach dem Ende der Eröffnungsshow startete die „GLOBALE“ mit den Schlosslichtspielen. Die „GLOBALE“ zeigt die Vielfalt und den Reichtum der globalen Gegenwartskunst. Dabei verknüpft sie Kunst, Wissenschaft, Technologie und Demokratie und prägt damit einen völlig neuen Kunstbegriff. Das ZKM | Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe präsentiert damit bis Mitte April 2016 ein so noch nie dagewesenes Ausstellungsformat. Und ein Teil davon sind die Schlosslichtspiele. Internationale Künstler und Künstlergruppen tauchen das Schloss Abend für Abend mit spektakulärer Licht- und Videokunst in ein völlig neues Licht, die nächste Projektion beginnt am morgigen Montag, 22. Juni, um 22 Uhr. Die unterschiedlichen Projektionen und Videomappings nehmen dabei immer Bezug auf das Schloss und die Stadt.
Die Feierlichkeiten zum 300. Geburtstag der Stadt Karlsruhe gehen bis zum 27. September