Ist Öko wirklich teuer?

Pforzheim (pm/pas) Warum werden Öko-Produkte von Verbrauchern nicht so angenommen, wie Hersteller und Handel sich das erhoffen? Mit dieser Frage haben sich Umwelt- und Marktforschungsexperten der Hochschule Pforzheim im März beschäftigt.

„Kaufentscheidend ist die Frage, ob ich bereit bin für ökologischer Produkte zu bezahlen“, sagt Andrea Moser. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Pforzheimer Institut für Industrial Ecology (INEC) arbeitet zurzeit in einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekt. Dabei wertet sie die Daten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) aus, die das Verbraucherverhalten anhand einer Stichprobe von 30.000 Haushalten seit Jahrzehnten beobachtet. Wie relevant der Kostenfaktor ist, weisen auch die INEC-Forscher Dr. Christian Haubach und Benjamin Held nach. „Ein Durchschnittshaushalt, der komplett auf Bio-Lebensmittel umstellt, muss mit 70 Prozent höheren Kosten rechnen“, stellten die Forscher in einem ebenfalls vom Bund geförderten Projekt fest.

Ist „Öko“ also nur etwas für Reiche? Der Heidelberger Volkswirt Professor Hans Diefenbacher geht einen anderen Weg. Umweltbewusstes Verhalten senke deutlich die Mehrkosten bei der „Öko-Umstellung“. Ein geringerer Fleischkonsum oder das Kochen eigener Marmelade und Einweck-Produkte trage zur Kostenersparnis bei. „Der Nutzen und der Mehrwert von Öko muss dem Verbraucher klar sein. Nur dann können sich diese Produkte durchsetzen“, stellten Umweltwissenschaftler und Marktforscher übereinstimmend fest. Die sogenannte weiße Ware, also Waschmaschinen und Kühlschränke, seien hierfür ein positives Beispiel. Die Verbraucher wissen, dass höhere Anschaffungspreise durch niedrigeren Energieverbrauch ausgeglichen würden. „Kommunikation und die Ökolabel haben sich hier durchgesetzt!“ Der zusätzliche Nutzen durch die ökologische Produktalternative müsse aber auch in anderen Produktbereichen besser kommuniziert werden, stellten die Wissenschaftler fest.

„Im Verhältnis legen Bioläden derzeit beim Umsatz deutlich zu“, erklärte Dr. Mathias Bauer von der Firma BioVista. In den vergangenen zehn Jahren verdoppelten die Läden fast ihren Marktanteil. Doch dieser Zuwachs täusche darüber hinweg, dass die Bioläden nur vier Prozent Marktanteil besitzen. „Im europäischen Vergleich liegen sie damit noch gut“, betonte Professor Raimund Wildner. Der Vizepräsident der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stellte klar, dass Umweltthemen Menschen schon lange nicht mehr motivierten. Dabei sei Deutschland – neben Schweden – in „Sachen Umweltbewusstsein“ im internationalen Vergleich weit vorne.

„Bildung und Einkommen beeinflussten das ökologische Kaufverhalten deutlich“, interpretierte Wildner die Statistiken der GfK. Die Marktforscher führten für diese Verbraucher eine eigene Gruppenbezeichnung ein – die LOHAS (Lifestyle of Health and Sustainability). Die Abkürzung steht für Verbraucher, die gesunde und umweltschonende Produkte bevorzugen. Professor Hans-Willi Schroiff dagegen hält diese Gruppe für „völlig überschätzt“. Der renommierte Wissenschaftler verantwortete lange Zeit die Marktforschung des Chemieunternehmens Henkel. Selbst ökologische Produkte, die speziell für diese Verbraucher entwickelt worden, floppten. Für Schroiff ein Zeichen, dass die LOHAS künstlich von Wissenschaft und Medien herbeigeredet wurden.