Karlsruhe (cm) Wer kennt sie nicht, das Fräulein vom Amt, das fröhlich und liebenswürdig die Telefonverbindung herstellt oder die Briefmarken ausgibt? Seit mehr als 40 Jahren ist jedoch Schluss mit dieser Art der Anrede. Heute sollen alle Frauen, gleich welchen Ehestandes, mit „Frau“ angesprochen werden. Aber das „Fräulein“ ist immer noch nicht ganz totzukriegen.
Ursprünglich war „Fräulein“ eine Bezeichnung für eine unverheiratete Frau gleich welchen Alters. Mit dem Eintritt in den Stand der Ehe legte das Fräulein dann auch seinen betont neutralen Familienstand ab und wurde zu einer „Frau“. Später war „Fräulein“ dann vor allem für berufstätige Frauen vorgesehen, die jedoch meist ebenfalls unverheiratet waren, beispielsweise Lehrerinnen oder Telefonistinnen. Mit der Hochzeit wurde die eigenständige Arbeit nicht mehr nötig oder der Ehemann verbot sie sogar, denn bis 1957 oblag die Entscheidung über die Berufstätigkeit ihrer Frauen allein den Herren der Schöpfung.
Mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg und dem durch das Wirtschaftswunder gestärkten neuen Selbstbewusstsein der Frauen wurde auch die Bezeichnung „Fräulein“ überholt. Viele junge Frauen ärgerten sich über die Verniedlichung und fragten ganz zurecht, wie sich denn ein junger Mann fühlen würde, wenn man ihn mit „Herrlein“ anreden würde. Warum sollten Frauen erst mit der Heirat eine vollständig erwachsene Person werden?
Am 16. Februar 1972 wurde auf Anregung des damaligen Bundesinnenministers Hans-Dietrich Genscher dann beschlossen, das „Fräulein“ in der deutschen Amtssprache abzuschaffen. Alle Frauen, gleich welchen Familienstandes sollten ab sofort mit „Frau“ angesprochen werden. Heute ist der Begriff „Fräulein“ selten geworden, auch wenn Sprachwissenschaftler festgestellt haben wollen, dass es weiterhin konstant von einer geringen Anzahl benutzt wird. In anderen Ländern ist diese Form der Anrede immer noch geläufig, so beispielsweise bei der britischen „Miss“ oder der französischen „Mademoiselle“. Tatsächlich scheint sich der Trend in den letzten Jahren jedoch gewandelt zu haben: Was früher als diskriminierend empfunden wurde, wird heute vielfach als Homage an eine galante Tradition angesehen. Erlebt das Fräulein nun vielleicht sogar ein Comeback? Diskutieren Sie mit auf unserer Facebook-Seite!