Fahrzeug ohne Führer. Die Testregion Karlsruhe für autonomes Fahren

Karlsruhe (cm) Mitte des Jahres stand fest: Karlsruhe lässt fahren. Der Großraum Karlsruhe wird Testregion für autonomes Fahren. Ziel des Projekts ist es ab 2017 selbstfahrende Autos im Realbetrieb zu testen. Eine Bestandsaufnahme mit noch offenen Fragen.

Ein zukunftsweisendes Projekt steht in seinen Startlöchern: Ende Oktober hatte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) den Zuwendungsbescheid des Landes in Höhe von 2,5 Millionen Euro überreicht. Danach soll sich die Testregion bis nach Heilbronn erstrecken. Das „Testfeld zum vernetzten und automatisierten Fahren“ soll nach einer Anlaufphase im Herbst 2017 mit Prototypen seinen Betrieb aufnehmen. Etwa ein halbes Dutzend Partner gehören zum Konsortium. Betreiber wird der Karlsruher Verkehrsverbund.

Zukunft schon Gegenwart

Bereits heute sind schon autonome Autos auf Autobahnen zu Testzwecken unterwegs. In Deutschland wurde bereits im vergangenen Jahr ein Abschnitt der A9 zur Teststrecke ausgebaut. Voraussetzung der Konzeption der behördlich genehmigungspflichtigen Testfahrten ist die Prämisse, dass der Fahrer dabei nie die Kontrolle komplett abgeben darf. Gerade auf den Teststrecken Karlsruhes wird sich das für die Forscher als besondere Herausforderung erweisen, da neben Autobahnen und Landstraßen auch der Verkehr in der Stadt mit einbezogen werden wird. So durfte sich Minister Hermann in Begleitung der Rathauschefs von Karlsruhe, Bruchsal und Heilbronn und anderen Konsortialpartnern bei einer kurzen Fahrt im Elektro-Minibus schon selbst einen Eindruck von der Zukunft verschaffen, die bereits begonnen hat und die der Leiter des Konsortiums und Direktor am FZI Forschungszentrum Informatik, Prof. J. Marius Zöllner, mit den Worten auf den Punkt gebracht hat, „Die Zukunft der Mobilität wird elektrisch, automatisiert und vernetzt sein“.

Ungeklärte Rechtsfragen

Doch bevor es soweit ist, gilt es eine Reihe von rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Mobilitätsform der Zukunft, zu klären, ehe die Technik in den kommenden Jahren schrittweise die Kontrolle über den Menschen übernehmen kann. So etwa die Frage nach der Haftung bei Unfällen: Wie wirkt sich autonomes Fahren auf die Prämien für die Autoversicherung aus? Wenn das Auto durch Assistenzsysteme unterstützt und gelenkt wird, verliert der Fahrer, der als solcher kein Fahrer mehr ist, bei einem Unfall als Schuldiger an Bedeutung. Sind in diesem Fall die Konstrukteure Schuld? Daher ist geplant, ins Fahrzeug eine Art Blackbox einzubauen, deren aufgezeichneten Daten dann im Falle eines Unfalls maßgeblich zu deren Aufklärung beitragen sollen.

Der Halter haftet… zunächst…

Steuert ein Fahrer sein Auto selbst, muss er seiner gesetzlichen Versicherungspflicht nachkommen, die im Pflichtversicherungsgesetz nach § 6, Abs. 1 eindeutig geregelt ist: „Wer ein Fahrzeug auf öffentlichen Wegen oder Plätzen gebraucht oder den Gebrauch gestattet, obwohl für das Fahrzeug der nach § 1 erforderliche Haftpflichtversicherungsvertrag nicht oder nicht mehr besteht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft“. Sollte das Assistenzsystem den Schaden verursacht haben, würde nach deutschem Recht zunächst alles beim Alten bleiben: Auch dann haftet der Halter gegenüber dem Geschädigten im Straßenverkehr beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung.

Datenspeicher und Datenschutz

Jedoch: In einem nächsten Schritt wird es um die Frage gehen müssen, ob der Halter den Hersteller des Assistenzsystems für den Schaden auf Grund eines möglichen Produktfehlers verantwortlich und in Regress nehmen kann. Die Beweispflicht liegt in dem Fall bei ihm. Daher kann es nur im Interesse des Fahrzeughalters sein, dass eine Art Blackbox im Fahrzeug installiert ist. Und auch eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums spricht sich dafür aus, dass voll automatisierte Autos einen Unfalldatenspeicher besitzen müssen, um etwaige Haftungsfragen eindeutig klären zu können. Viele Schadensabteilungen der Auto-Versicherer jedenfalls sehen künftig so oder so eine Flut von Rechtsstreitigkeiten mit den Herstellern hinsichtlich der Frage auf sich zukommen, wann wirklich ein Produktfehler vorliegt und wann nicht – ganz zu schweigen von den Gerichten, die in Zukunft nicht nur diesbezüglich eine riesige Klagewelle befürchten müssen, sondern sich auch mit rechtlichen Fragen rund um das Thema Datenschutz auseinanderzusetzen haben.